Wir haben eine Frage bekommen bezüglich der Haftung neuer Mitglieder für Verpflichtungen, die für die EWIV vor dem Beitrittstermin entstanden sind. Wie sieht es hier mit der Haftung aus?
Gemäß Art. 26 Abs. 2 EWG-Verordnung 2137/85 über die EWIV (nachstehend: EWG-VO) haftet jedes neue Mitglied unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der EWIV, und zwar auch für die, die sich vor dem Beitrittstermin für die EWIV ergaben.
„Gesamtschuldnerisch“ heisst, dass ein Gläubiger wegen der gesamten Schulden gegen jedes Mitglied der EWIV vorgehen kann, das dann allerdings ein Ausgleichsrecht gegen die übrigen Mitglieder hat. Allerdings geht eine Vorgehensweise nur dann, wenn zuvor eine Zwangsvollstreckung bei der EWIV selbst erfolglos war (sog. Subsidiarhaftung).
„Unbeschränkt“ heisst, dass z. B. Einzelpersonen/-firmen in vollem Umfang haften, auch mit dem Privatvermögen; GmbH’s auch aus den EU-/EWR-Mitgliedsländern (wie auch AG’s oder Vereine) haften nur mit ihrem (Stamm-)Kapital bzw. Vereinsvermögen. Allerdings ist bei Kapitalgesellschaften oder Vereinen auch die mögliche Durchgriffshaftung z. B. des Geschäftsführers/Vorsitzenden oder Vorstands zu berücksichtigen.
Wann wird die Haftung von Neumitgliedern ausgeschlossen?
Es gibt einige EWIV-Verträge, in denen steht, dass Neumitglieder von der Haftung für Altschulden befreit sind. Ebenso steht dies manchmal in Beitrittsbeschlüssen.
Das allein genügt nicht. Für einen wirksamen Ausschluss der Haftung ist es zwingend erforderlich (gemäß Art. 7 S. 2 j, 9 Abs. 1 EWG-VO), dass
- ein entsprechender Beschluss gefasst wird (zwischen den bisherigen Mitgliedern und dem Neuen) — in Form des Vertrags oder eines Mitgliederbeschlusses,
- dieser Beschluss zur Anmeldung ins Handelsregister angemeldet wird (z. B. in Deutschland über einen Notar); dabei muss man dann auch den Beschluss unter 1. beifügen;
- dieser Beschluss dann im Handelsregister auch veröffentlicht wird. Erst dann sind die Publizitätserfordernisse erfüllt, um von der Haftung für Altschulden befreit zu sein.
Insbesondere größere EWIV mit vielen Mitgliedern sollten hier ihre Praxis kritisch überprüfen. Ein Geschäftsführer, der z. B.. eine Altschuldenfreistellungs-Beschlusslage nicht eintragen lässt, dürfte die Durchgriffshaftung erfüllen – dies ist keine kaufmännische Sorgfalt.
Hans-Jürgen Zahorka