EWIV-Mitglied darf EWIV-Geschäftsunterlagen einsehen

Wir bekamen wieder eine Frage, diesmal von einem Steuerberater: „Kann ein EWIV-Mitglied Einsicht in die Geschäftsunterlagen der EWIV nehmen?„. Unsere Antwort: Ja. Artikel  18 der EWG-Verordnung 2137/85 (das EU-Gesetz über die EWIV) stellt fest, dass „jedes Mitglied … das Recht hat, von den Geschäftsführern Auskünfte über die Geschäfte der Vereinigung zu erhalten und in die Bücher und Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen“.

Dieses sog. Einsichts- und Auskunftsrecht dient der Kontrolle der Geschäftsführung einer EWIV. In anderen Gesellschaften bestehen die weitestgehend gleichen Regelungen, so z. B. in § 51 a GmbHG. Dieses Recht kann nicht durch den Gründungsvertrag der EWIV noch durch einen Mitgliederbeschluss ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Es kann auch nicht etwa durch einen Aufsichtsrat ersetzt werden; wenn dies der Fall ist, bleibt das individuelle Kontrollrecht des Mitglieds bestehen (In seiner Antwort auf unsere Stellungnahme, die wir hier im Wesentlichen wiedergeben, teilt der Steuerberater mit, dass es durchaus Fälle von Aufsichtsräten gebe, wo diese die Interessen der Mitglieder verfolgen sollten, dies aber wohl nicht tun, weil sie mehrheitlich wirtschaftlich abhängig von der EWIV bzw. ohne genügend Ahnung von einer korrekten Aufsichtsratstätigkeit seien).

Im Übrigen bestätigt die gesamte Literatur, dass ein entsprechender Antrag auf Einsicht in Unterlagen (alle Geschäftspapiere, Konten- und Buchführungsunterlagen, e-Mails usw.) sowohl schriftlich wie auch mündlich gestellt werden können, und einer Begründung hierfür bedarf es ebenfalls nicht. Das Informationsrecht steht normalerweise nur den Mitgliedern selbst zu, diese können aber auch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Vertreter entsenden (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater); auch wenn nicht besondere, berechtigte Schutzinteressen der EWIV entgegenstehen, wird diese aber nichts gegen eine Begleitung oder einen Stellvertreter einwenden können.

Das Recht auf Information kann nur in den Geschäftsräumen der EWIV wahrgenommen werden. Allerdings hat der Einsicht Nehmende das Recht, sich Kopien zu machen. Diese müssten dann wohl vergütet werden, allerdings nur zu üblichen Preisen (also z. B. dem Tarif des nächsten Copy-Shops). Wie weit geht das Recht? Auf jeden Fall kann die EWIV kein Geheimhaltungsinteresse einwenden, wie die Literatur einstimmig mitteilt. Im Zweifel kann man das Informationsrecht auch gerichtlich geltend machen, wenn es einem verweigert wurde. Wer als Geschäftsführer sich weigert, Mitgliedern Einsicht zu gewähren, macht sich schadensersatzpflichtig – dagegen dürfte auch kein Geschäftsführer-Rechtsschutz helfen, weil es eben so im Gesetz, in Art. 18, steht.

Und ein ehemaliges EWIV-Mitglied? Es ist berechtigt, zur Vorbereitung seines Anspruchs auf Auseinandersetzungsguthaben nach Art. 33 EWG-VO sein Informationsrecht wahrzunehmen (siehe hierzu unseren letzten Blog-Beitrag vor diesem hier), oder z. B. wenn es für Altschulden der EWIV vor dem Beitritt oder während der Mitgliedschaft in die Haftung genommen wird.

Hans-Jürgen Zahorka

ewiv@libertas-institut.com