Die SD AMIN EWIV ist jetzt in Liquidation – ein Prozess, der einige Jahre dauern dürfte, aber unumgänglich war. Dies scheint die einzige Möglichkeit zu sein, um die Verpflichtungen gegenüber den Banken und den Mitgliedern zu erfüllen, nachdem weder die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder noch Außenstehende Vertrauen zum bisherigen Geschäftsführer haben bzw. mit dieser EWIV Geschäfte machen wollen bzw. noch können. Die neuen Geschäftsführer/Liquidatoren, die zweimal gewählt wurden (einmal in schriftlicher Abstimmung einstimmig mit 83:0:0, einmal auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 31.1.2019 mit 87:0:0 – von insgesamt 141 nominellen Mitgliedern, wobei allerdings 22 wegfallen – Mitglieder, an denen die EWIV beteiligt ist, siehe unser Blog (2), spanische Vereine, die nie dort eingetragen wurden, ein insolventes Mitglied usw. – und somit 119 übrigbleiben), rechnen zwar mit Anfechtungen, aber diese dürften keine Chance haben. Bei allen Lamentos vom ehemaligen Geschäftsführer Wolfgang Lange, der also gleich zwei Mal abgewählt wurde, bzw. seinen „Verboten“ (an das Versammlungslokal in Hildesheim, „… ich verbiete Ihnen, die Veranstaltung durchführen zu lassen“, die zwar allen Mitgliedern, aber nicht dem Lokal zugesandt wurde, oder an den Notar, der im Falle einer normalen Beurkundung der Ergebnisse der ao. Mitgliederversammlung vor der Teilnahme an strafbaren Handlungen „gewarnt“ wurde) ist nüchtern festzuhalten:
Die Abtretungsverträge in ihren verschiedenen Versionen, die die Mitglieder bzw. Probemitglieder dieser EWIV zu unterzeichnen hatten, sind nach meiner Rechtsmeinung allesamt rechtswidrig. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a EWG-Verordnung 2137/85 spricht klar aus: „Die Vereinigung darf … weder unmittelbar noch mittelbar die Leitungs- oder Kontrollmacht über die eigenen Tätigkeiten ihrer Mitglieder oder die Tätigkeiten eines anderen Unternehmens, insbesondere auf den Gebieten des Personal-, Finanz- und Investitionswesens, ausüben.“
Hier sollte man auch die SD ADMIN EWIV-Praktiken gegenüber ihrer „Tochterfirma“ company-update.eu GmbH untersuchen, die die Buchhaltung übernommen hatte und der offenbar einen Pauschalbetrag von 140.000 EUR/Monat !) für die gesamten Betriebskosten und das Honorar dieser GmbH überwiesen wurde, sowie Fahrzeuge usw. offensichtlich ohne private Versteuerung (das ist jedoch Sache der einzelnen Finanzämter dieser Mitarbeiter) überlassen wurden, mit Leasingraten von monatlich knapp 2.000 EUR für ein einzelnes Fahrzeug (!) für den „Chefbuchhalter“, den Stiefsohn des Geschäftsführers, für dessen Renovierung seines Privathauses auch der ehemalige Hausmeister der EWIV von seiner beruflichen Tätigkeit abgezogen wurde (was ein strafrechtlicher Akt der Untreue sein dürfte, aber das müssen die relevanten Behörden entscheiden). Die SD ADMIN EWIV war der einzige Kunde (plus vielleicht noch einige mittelbare, über diese zugeführte Mitglieder), für die company-update ihre – gelinde gesagt – weitestgehend als saumäßig bezeichneten Arbeiten erledigte (oder nicht erledigte, man lasse nur den Mitgliedern das Wort), und es müsste kurz rechtlich überprüft werden, ob hier dieses „Konzernleitungsverbot“ (besser wohl: Beherrschungsverbot) nach Art. 3 (2) a EWG-VO verletzt wurde. Das aber soll hier nicht näher behandelt werden, sondern die Abtretungsverträge der Mitglieder.
Zunächst ist festzuhalten, dass dieses Verbot (das Herr Lange ohne jeden Zweifel kennen musste) zunächst, in den Beratungen im EWG-Ministerrat zwischen 1970 und 1985, wegen der deutschen Mitbestimmung aufgenommen wurde. Sie gilt aber dennoch für alle Unternehmen. Ausgenommen von diesem Verbot sind bloße Koordinierungsmaßnahmen, die aber in den nachstehend beispielhaft zitierten Verträgen nicht erkennbar sind (Stefanie Jung, § 7 Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, Rn 52/53 m. w. N., in: Jung/Krebs/Stiegler, Europäisches Gesellschaftsrecht, Baden-Baden 2019). Grundsätzlich ist es nach der Literaturmeinung nicht zulässig, einen Beherrschungsvertag zwischen einer EWIV und einem Mitglied abzufassen (vgl. Autenrieth, in: Betriebsberater 1989, 305, 306). Gerade das ist aber hier der Fall, soweit es sich um das Finanzwesen handelt.
Der EU-Gesetzgeber wollte also sicherstellen, dass in keiner Weise und in keinem Bereich eine EWIV ihren Mitgliedern vorschreiben darf, was sie tun oder lassen müssen (Selbherr/Manz (Hrsg.), EWIV-Kommentar, Baden-Baden 1995, § 3 Rn 19, S. 42). Dieses Verbot bezieht sich auf alle Entscheidungen im Managementbereich (Selbherr/Manz s. o., Rn 20),
Was sagen nun die Verträge zwischen dieser EWIV und ihren Mitgliedern bzw. Probemitgliedern: Hier ein Vertrag von September 2017 – als Beispiel von vielen. Die relevanten Stellen, die gegen Art. 3 (2) a EWG-VO verstoßen, sind farblich rot hervorgehoben und unterstrichen, Anmerkungen zum Vertragstext sind blau und kursiv.
„§ 2 Abtretung
1. Leistungen des Mitglieds, die durch die EWIV in Rechnung gestellt werden oder wurden, oder die von Dritten z.B. per Gutschrift oder aufgrund einer Vereinbarung oder Vertrag gezahlt werden oder wurden, gelten als abgetreten. Alle Rechte daran gehen auf die EWIV über.
2. Soweit das Mitglied entgegen der Abtretung der vorherigen Ziffer während der Laufzeit des Mitgliedver-trages Einnahmen aus Ziffer 1. ohne vorherige schriftliche Zustimmung der EWIV an der EWIV vorbei – insbesondere aber nicht beschränkt darauf – auf eigene Konten oder Konten Dritter umleitet, kann die EWIV nach ihrer Wahl entweder die Rückabwicklung des Mitgliedvertrages insgesamt oder die Heraus-gabe der umgeleiteten Gelder verlangen.
2.1. Das Mitglied hat für den Fall, dass die EWIV die Rückabwicklung des Mitgliedvertrages insgesamt ver-langt, sämtliche durch die EWIV an das Mitglied geleisteten Zahlungen an die EWIV zurück zu zahlen. Die EWIV hat im Gegenzug die aufgrund der Abtretung aus Ziffer 1 vereinnahmten Gelder an das Mit-glied zurück zu zahlen. Die EWIV ist berechtigt, die von ihr zu leistende Erstattung mit den eigenen an das Mitglied geleisteten Zahlungen zu verrechnen.
2.2. Das Mitglied hat für den Fall, dass die EWIV die Herausgabe der umgeleiteten Einnahmen wählt, diese Einnahmen umgehend an die EWIV zu zahlen. Eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen des Mit-glieds ist nur möglich, soweit diese rechtskräftig festgestellt worden sind.
3. Das Recht der EWIV aus 2.1. besteht zugunsten der EWIV auch, soweit bei der EWIV in den ersten 3 Monaten seit Eintritt des Mitgliedes keine Umsätze aufgrund der Abtretung des Mitgliedes aus Ziffer 1 eingehen. Anm.: Was ist, wenn vorübergehend keine Umsätze erfolgen, z. B. wenn das Mitglied an einem mittelfristigen Projekt arbeitet? Diese Regelung schreibt dem Mitglied die Stellung von „Zwangsrechnungen“ vor und greift völlig in den Rhythmus eines Unternehmens ein.
§ 3 Budget – Planung
1. Gegenstand der Budget-Planung Das Mitglied hat im Rahmen der Budget-Planung Anspruch auf Kostenerstattung, Gewinnausschüttungen und Kredite. Die Budget-Planung steht nicht im Zusammenhang mit den geschriebenen Rechnungen oder abgerechneten Leistungen.
1.1. Kostenerstattung a) Die Kostenerstattung wird bei Eintritt des Mitgliedes für das laufende Jahr oder jeweils zum Jahresende für das folgende Jahr anhand der zu erwartenden Kosten des Mitgliedes durch die EWIV festgelegt. Anm: Rein rechtlich sind die beiden Absätze a) und b) in einem gewissen Widerspruch: Werden die Auszahlungen in gleichen Teilen monatlich ausbezahlt, oder woher wiess in Unternehmen genau, wieviel Rechnungen und worüber es diese stellt? Dies ist eine klare betriebswirtschaftliche Einschränkung.
b) Die Kostenerstattung wird gegen Gutschrift durch die EWIV monatlich in 12 gleichen Teilen von der EWIV an das Mitglied durch die Budget-Planung bereitgestellt. Anm.: Was heißt hier „gegen Gutschrift“? Gutschrift durch das Mitglied, was sinnlos wäre, oder durch die EWIV? Eine pauschale Gutschrift würde heißen, das Mitglied muss auf einen klaren Überblick über seine Einnahmen verzichten, wie es ja auch in den meisten Fällen geschah.
c) Nach Ablauf des Geschäftsjahres wird durch die EWIV eine Endabrechnung zwischen den gezahlten pauschalen Kostenerstattungen und den tatsächlich angefallenen Kosten erstellt. Nach dieser Klausel hat das Mitglied kein Recht auf eine Übersicht Höhe der Ausgangsrechnungen ./. Provisionen der EWIV ./. Kostenabrechnungen ./. bezahlte Eingangsrechnungen unter Berücksichtigung der bezahlten MWSt ./. Vorsteuer, also eine gewisse E/Ü-Übersicht. Soweit ersichtlich, erfolgte dies nicht.
d) Soweit bei dem Mitglied geringere Kosten als festgelegt und gezahlt entstanden sind, ist es zur Rück-zahlung der überzahlten Kostenerstattungen verpflichtet. Anm.: Das System der „Kostenerstattungen“, mit dem die EWIV nur eine wahnsinnig große, von ihr wohl nie bewältigte Bürokratie schaffte (vielleicht noch in den ersten Jahren), hätte durch ein IT-gesteuertes System ersetzt gehört, wo die Einnahme lt. einer gewissen Rechnung minus der Provision avisiert gehörte, woraufhin das Mitglied den Betrag, den es sofort haben wollte, anfordern konnte. Der Rest hätte bei der EWIV liegenbleiben können, um für bestimmte Projekte ansparen zu können.
e) Soweit dem Mitglied höhere Kosten als festgelegt entstanden sind, kann das Mitglied bei der EWIV ei-nen Antrag auf Erstattung auch dieser über der festgelegten Kostenerstattung liegenden Kosten stellen. Anm.: Diese Beträge stehen dem Mitglied zu – ohne Wenn und Aber. Dass dann noch ein „Antrag“ gestellt werden muss, ist völlig bürokratisch, gegen die Interessen von KMU, insbesondere Kleinstunternehmen gerichtet (also Unternehmen mit weniger als 10 Mitabreitern – wohl die meisten EWIV-Mitglieder) und gegen die Liquidität der Mitglieder gerichtet.
f) Soweit unterjährig höhere Kosten anfallen als im Rahmen der Budget-Planung festgelegt, kann ein An-trag auf Übernahme konkreter Kosten oder Anpassung der festgelegten Kostenerstattung gestellt werden, über den die EWIV entscheidet. Anm.: Ein klarer Verstoß gegen Art. 3 (2) a EWG-VO, nachdem die EWIV entscheidet, ob die „festgelegte Kostenerstattung“ angepasst wird oder nicht. Ein klarer Verstoß ggfs. nicht nur gegen Interventionen im Finanz-, sondern auch im Investitionswesen.
1.2. Kredite a) Soweit das Mitglied Kredite beantragt, werden die Rahmenbedingungen (insbesondere konkrete Höhe, Laufzeit, Zins und Tilgung) durch die EWIV festgelegt.
b) Soweit das Mitglied mit der Festlegung durch die EWIV einverstanden ist, schließen die EWIV und das Mitglied einen entsprechenden Darlehensvertrag.
c) Nach Abschluss des Darlehnsvertrages wird der Kredit an das Mitglied ausgezahlt.
1.3. Gewinnausschüttungen a) Gewinnausschüttungen werden durch das Mitglied bei der EWIV beantragt. Anm.: Diese Klausel verstößt gegen § 17.1. der Statuten. Danach sind Gewinne (und Verluste ) der EWIV entweder nach Köpfen bzw., nach Beschluss der Mitgliederversammlung zu verteilen. Nirgends steht etwas von einem Antrag. Dies ist eine klar belastende Regelung, die gegen die Liquidität der Mitgliedsunternehmen gerichtet ist. Daran ändern auch die folgenden Klauseln nichts.
b) Die beantragten Gewinnausschüttungen werden durch die EWIV der Mitgliederversammlung zur Be-schlussfassung vorgelegt.
c) Die Mitgliederversammlung entscheidet mit einfacher Mehrheit über die Verteilung des Gewinns (§ 10, 10.2. der Statuten der SD ADMIN EWIV).
d) Nicht ausgeschüttete Gewinne werden regelmäßig in die Rücklagen der EWIV eingestellt (§17.2. der Statuten der SD ADMIN EWIV).
Abgesehen davon, dass offenbar zahlreiche Mitglieder durch die krasseste und wohl auch schwerste Form der Bevormundung durch die EWIV getroffen warne, indem diese nämlich ihre Guthaben einfach sperrte, aus welchen Gründen auch immer, was in allen Fällen eine besonders schwere Verletzung des Verbots nach Art. 3 (2( a EWG-VO darstellte, gibt es noch eine weitere, ältere Version des oben abgebildeten Vertrags. Für diese gilt jedoch sinngemäß das Gleiche.
Durch die vorgenommene Abtretung gaben die Unternehmen de facto die „Seele“ ihres eigenen Unternehmens auf: das Finanzwesen, evtl. auch das Investitionswesen, wurde ins Outsourcing gegeben, allerdings in das Belieben der EWIV allein und nicht mehr des Eigentümers des Mitglieds. Dies stellt ohne Zweifel eine Verletzung der EWIV-Verordnung dar. Was für Folgen hat das?
- Gemäß Art. 32 (1) EWG-VO würde dies zur Auflösung der Vereinigung führen, und zwar auf Antrag eines der „Beteiligten“, also des betroffenen Mitglieds, bei einem zuständigen Gericht (also wohl der Kammer für Handelssachen beim jeweiligen Landgericht). Die Literatur lässt hierbei gegenwärtig, ohne präjudizielle Rechtsprechung, offen, ob nur das Verhältnis Mitglied ./. EWIV oder die ganze EWIV als solche aufgelöst werden soll. In jedem Fall müsste der EWIV die Gelegenheit gegeben werden, den Mangel zu beheben, d.h. per Abmahnung auf Nicht-Weiteranwendung dieses Abtretungsvertrags in der Zukunft.
- Wenn sich nur ein Landgericht der oben genannten Auffassung anschließt, würde es auch feststellen, dass der Abtretungsvertrag ex tunc, also von Anfang an nichtig ist. Was das bedeuten würde, kann man nur schwer prognostizieren. Es könnten zumindest Schadensersatzansprüche wegen der 7%-Provision der EWIV anfallen.
Zum Gutachten von E + Y vom Februar 2017:
In einem Gutachten, das wohl unter wissenschaftlichem Anstrich für SD ADMIN EWIV von E +Y Hannover im Februar 2017 erstellt wurde, haben die beiden Verfasser, immerhin leitende Mitarbeiter von E + Y in Hannover, weder den Art. 3 (2) a EWG-VO gesehen noch implizit berücksichtigt, noch haben sie auf jegliche EWIV-bezogene, monographische Literatur verzichtet. Dies ist das größte Defizit des sog. Gutachtens, das letztlich nur ein Parteigutachten darstellt, was auch den strikten Haftungsausschluss der Verfasser erklärt. Dass die Auftraggeber – die SD ADMIN EWIV soll immerhin die stolze Summe von ca. 60.000 EUR dafür bezahlt haben – dies an die Mitglieder mit der Aufforderung, es an Finanzämter weiter zu leiten, gegeben haben, verkennt völlig die Qualität dieses sog. Gutachtens. In einem Telefonat vom 6.3.2017 (auf meine Initiative) habe ich mit den beiden E + Y-Verfassern gesprochen; mein klarer Eindruck war: die Verfasser, obwohl sie Zugang hierzu hätten, haben keinerlei EU-Recht berücksichtigt, und obwohl sie darauf angesprochen wurden und eine Nachbesserung versprachen, wurde nicht das Beherrschungsverbot nach Art. 3 (2) a EWG-VO gesehen. Wer möchte, kann sich gerne den über dreiseitigen Aktenvermerk anfordern, den ich sofort nach dem Telefonat geschrieben habe. Alles in alem eine wenig hilfreiche, teure und teilweise auch unrichtige Reflexion der Tätigkeit der SD ADMIN EWIV – entweder auf mangelnde Information der Gutachter beruhend, oder auf verkürzte, nur aufs Steuerliche bezogene Unkenntnis der Rechtsform der Gutachter.
Hans-Jürgen Zahorka
ewiv@libertas-institut.com