SD ADMIN EWIV (6): Urteil des LG Berlin – Geschäftsführer-Wahl 2016 fehlerhaft

In einem zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil vom 14. April 2021, Aktenzeichen 105 O 64/19, stellt die Kammer für Handelssachen 105 des Landgerichts Berlin fest, dass der Beschluss der Mitgliederversammlung der SD ADMIN EWIV mit Rechtssitz Berlin vom 30.7.2016 mit dem Inhalt „Die Mitgliederversammlung bestätigt einstimmig Herrn Wolfgang Lange als Geschäftsführer …“ nichtig ist. Welche Konsequenzen., auch evtl. schadensersatzrechtlicher Natur, dies haben kann, wird erst die Zukunft erweisen. Denn die Klägerseite hätte neben dem o.g. Antragsinhalt auch die danach erfolgten Beschlüsse als nichtig zu erklären beantragen können. Hierfür wäre aber noch eine detaillierte rechtliche Bearbeitung erforderlich. Allerdings ist dieses Urteil sehr vielsagend.

Kläger waren zunächst fünf Vereine als EWIV-Mitglieder. von denen drei die Klage im Laufe des Verfahrens zurücknahmen, wohl weil sie aufgelöst wurden und ihnen somit die Aktivlegitimation, also das Recht im Verfahren Anträge zu stellen, verloren ging. Zwei der Vereine blieben jedoch als Kläger Parteien des Verfahrens. Zunächst erging gegen Lange als [einzigen] Beklagten ein Versäumnisurteil, gegen das er Einspruch einlegte und das daher streitig verhandelt werden musste.

Die Kläger hatten – dies ist dem Tatbestand im Urteil zu entnehmen – vorgebracht, das nötige Anwesenheitsquorum für eine zweite Mitgliederversammlung, wenn die erste nicht beschlussfähig war, eine Stunde später sei nicht mehr 2/3, sondern dann die effektiv Anwesenden. Im März 2019 erfuhren die Kläger, dass ausweislich des Protokolls nicht 2/3 anwesend waren, aber auch dass nicht alle Mitglieder eingeladen wurden.

Der Beklagte argumentierte, die beiden [restlichen] Kläger seien vor Einreichung der Klage durch die EWIV und ihren Geschäftsführer gekündigt worden. Außerdem sei der Beklagte auf einer späteren Mitgliederversammlung bestätigt worden [diese fand allerdings erst nach einer solchen statt, in der er einstimmig seines Amtes enthoben wurde, was er separat anfocht].

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die zitierte Kündigung nicht gültig sei, weil die Voraussetzungen hierfür fehlten. Insbesondere seien keine Schäden für die EWIV durch die Kläger entstanden, außerdem wurden sie nicht vorher angehört [dies war bei wohl allen Kündigungen durch den Beklagten Lange der Fall – siehe unser einschlägiger Blog-Eintrag]. Dies wurde vom Beklagten auch gar nicht im Verfahren behauptet.

Ferner führt das Gericht aus, dass wenn der EWIV-Gründungsvertrag eine Einladung zur Mitgliederversammlung durch den Geschäftsführer vorsieht, die Durchführung ohne eine solche Einladung zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führe. Für die EWIV gelte mangels Regelung in der EWIV-Verordnung der EU bezüglich Beschlussmängeln nach deutschem Recht ergänzend das Recht der oHG, gemäß § 1 EWIV-Ausführungsgesetz. Für die oHG gelten die §§ 241 ff. AktG nicht, somit auch nicht für die EWIV. Daraus folge aber, dass grundsätzlich jeder Fehler zur Nichtigkeit des gefassten Beschlusses führt.[siehe Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.7.2020. Az. 22 W 46/19]. Eine Ausnahme gelte lediglich im Bezug auf Verfahrensfehler, wenn eine Auswirkung auf die Abstimmung ausgeschlossen werden kann.

Der Beklagte bringe lediglich vor, alle Mitglieder hätten ein Einladungsschreiben nebst Ankündigung der Folgeversammlung erhalten. Da die Kläger nicht mehr vortragen könnten, als dass sie – und andere – eine solche Einladung nicht erhalten haben, hätte es dem Beklagten oblegen, positiv Tatsachen vorzutragen und zu belegen, au denen sich Gegenteiliges schließen lassen könnte. Hieran fehle es. Abschließend das Landgericht, dass das vermeintliche Einladungsschreiben – entgegen der Ankündigung des Beklagten – nicht einmal vorgelegt worden sei, worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden war. Es folgt der Urteilstenor in Sachen Kosten des Verfahrens; sie wurden insgesamt dem Beklagten auferlegt. [Wenn man das Urteil zur Kenntnis nimmt, schleicht sich der Eindruck ein, die Beklagtenseite habe das Verfahren mit einer gewissen Halbherzigkeit geführt, was sich aus mehreren Formulierungen des Gerichts erkennen lässt.]

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