Spezifische Buchhaltungs- und Steuerprobleme bei EWIV und EWIV-Mitgliedern

Zu diesem Thema findet ein Seminar-Workshop am Freitag, dem 31. Januar 2020, in Bernburg/Sachsen-Anhalt statt, veranstaltet vom Europäischen EWIV-Informationszentrum in Verbindung mit der Hochschule Anhalt / Fachbereich Wirtschaft.

Zu den spezifischen Buchhaltungs- und Steuerprobleme bei EWIV gehören u. a. die

EWIV als „Cost Center“ und das Problem der „Hilfsgesellschaft“, Anforderungen an die EWIV-Buchhaltung gem. § 1 EWIV-AusfG und nach der EWG-VO, Praxis der Bilanzierung, Behandlung von Überschüssen – Vorsicht bei der Ausweisung von „Gewinnen“ im Jahresabschluss – Gewerbesteuerpflicht?, aktuelle Finanzgerichts-Rechtsprechung zur Gewerbesteuer bei EWIV (Gewerbliche Tätigkeit – Pflicht zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen?), Umsatzsteuer bei EWIV – USt-Zahlungen bei Abtretung/Inkasso durch die EWIV?, Beiträge von Mitgliedern, Sonderumlagen u. ä. von Mitgliedern, Rücklagen („Reservefonds“), sowie u.a. folgende Steuerprobleme bei Mitgliedern: Investitionen von Mitgliedern in die EWIV, Darlehen an und von EWIV, Insolvenz des Mitglieds, Mitgliederhaftung. In einem eigenen Block wird behandelt: Betriebsprüfungen bei EWIV und EWIV-Mitgliedern – der richtige Umgang mit Prüfer und Finanzamt.

Referenten sind Prof. Dr. Petra Sandner, Fachbereich Wirtschaft (Steuerlehre) der Hochschule Anhalt, Hans-Jürgen Zahorka, Assessor jur. und Leiter des Europäischen EWIV-Informationszentrums sowie Mathias Paul Weber, Steuerberater (Berlin), SteuerConflictCoach und Autor praktischer Steuerliteratur.

Der Workshop findet im „Ratssaal“ der Hochschule Anhalt in Bernburg/Sachsen-Anhalt, zwischen Halle und Magdeburg, statt. Die Einladung/das Programm können Sie hier herunterladen:

http://www.libertas-institut.com/ewiv-informationszentrum/ewivseminar_bernburg/

Ertragssteuern und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)

Diese Blog-Eintragung wurde am 9.12.2016 auf http://libertasblogs.wordpress.com veröffentlicht, als es dieses Blog noch nicht gab. Wegen der hohen Zahl der Zugriffe dürfte es allerdings weiterhin interessant sein, obwohl wir irgendwann auf Teilaspekte eingehen werden. Wir re-bloggen daher dieses Beitrag und bitten Sie, sich das Erscheinungsdatum im Dezember 2016 vor Augen zu halten.

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9. Dezember 2016

Unser Blog verzeichnete in den letzten Wochen immer wieder Aufgriffe auf einige ältere Hinweise auf Workshops des Europäischen EWIV-Informationszentrums, einen  losen Zusammenschluss von EWIV-Experten aus Recht, Wirtschaftswissenschaften, Steuerlehre und dies aus mehreren EU-Ländern. Die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV – auf Deutsch, in den anderen 24 EU-Amtssprachen entsprechend) ist eine EU-weite Kooperations-Rechtsform aufgrund EU-Recht und wird in der EU-Verordnung 2137/85 geregelt (dieser Text und viele andere Informationen können auf http://www.ewiv.eu abgerufen werden). Um unseren Blog-Lesern Anrufe zu ersparen, hier einige grundlegende Informationen:

  1. Wie erwähnt, ist eine EWIV eine Kooperations-Rechtsform zur transnationalen Zusammenarbeit, also mindestens zwischen zwei Mitgliedern aus zwei verschiedenen EU-Staaten (+ die drei EFTA-Staaten des EWR: Liechtenstein, Island und Norwegen). Das heisst: Wer keinerlei leicht, etwa mit Dokumenten nachweisbare europäische Kooperation nachweisen kann, sollte auch keine EWIV gründen bzw  betreiben. Die Gefahr ist sonst groß, dass die Finanzämter (die in der EU ständig besser grenzüberschreitend zusammenarbeiten) feststellen, dass einer der Mitglieder eine „leere Hülse“ darstellt (Zitat aus einer baden-württembergischen Außenprüfung, wo eine deutsche GmbH mit ihrem spanischen Partner, einer Comunidad de bienes auf Mallorca, keinerlei Zusammenarbeit pflegte). Die Folge kann sein, dass bis zur Verjährungsgrenze (also mindestens 10 Jahre retrospektiv) die EWIV rückabgewickelt werden kann. Dies also zum sog. Transnationalitätserfordernis, das allerdings bei den wenigsten Finanzämtern bekannt und bewusst ist – allerdings von den Finanzgerichten aufgegriffen werden könnte. Es kann damit gerechnet werden, dass dies in den nächsten Jahren allgemein bewusst werden könnte und dann entsprechend zurück geprüft wird.
  2. Eine EWIV hat immer Unternehmereigenschaft (vgl. auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen von 1988 zur EWIV, ebenfalls auf http://www.ewiv.eu). Das bedeutet, dass eine EIWV, die ja auch in  den Handelsregistern Abt. A in Deutschland eingetragen wird (und somit als Personengesellschaft gilt, die im Übrigen keine Publizitätspflicht kennt), z.B. den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) des HGB unterliegt. In der Praxis – durchaus sanktioniert von Finanzämtern in Deutschland – genügt eine einfache Einnahme-Überschuss-Rechnung, bei Umsätzen bis 500.000 EUR jährlich, sowie bei einfachen Buchungsvorgängen. Erst ab diesem Limit muss man eine (Handels-)Bilanz anfertigen.
  3. Eine EWIV darf keinen Gewinn aufweisen – dies steht in den meisten Gründungsverträgen und ergibt sich auch aus Art. 40 der EU-VO (die eigentlich EWG-Verordnung heisst, da sie im ersten Entwuf 1970 angefangen wurde, aber der Einfachheit halber hier EU-VO genannt wird). Dieser Art. 40 besagt, dass eventuelle Überschüsse der EWIV nicht bei dieser zu versteuern sind, wenn sie an die Mitglieder aufbezahlt werden. Diese Mitglieder müssen dann diese Einnahmen (aus Beteiligung z. B.) versteuern, wo auch immer sie sitzen. Dabei können diese Auszahlungen über das Jahr verteilt oder auf einmal erfolgen, und sie können nach Köpfen oder „asymmetrisch“ erfolgen (also entsprechend Projektanteilen oder nach Messgrössen wie z. B. Umsatz, Mitarbeiter o. ä.).
  4. Eine Möglichkeit aber ist auch die Bildung von Rücklagen, die bei der EWIV als „Reservefonds“ bezeichnet werden. Diese sollten in einem Rücklagenbeschluss genauer bezeichnet werden, z. B. …. EUR für ein künftiges Seminarzentrum am Lago di Garda etc. Aber auch zukünftige Kosten wie z. B. die Anschaffung von Pkw, die Webseite, allgemeine Bürokosten usw. können Gegenstand von derartigen Rücklagen sein. Derartige Rücklagen sind selbstverständlich von den Finanzämtern zu akzeptieren – dies geschieht auch. Wenn allerdings eine EWIV stets Jahresumsätze von 150.000 EUR generiert und dann plötzlich eine Million auf dem Rücklagenkonto aufweist, ist dies erklärungsbedürftig bzw. muss schlüssig erklärt werden können. ACHTUNG: Die deutschen Steuerbehörden akzeptieren derzeit mehr und mehr Investitionsrücklagen. So ist seit 2016 beim Investitionsabzugsbetrag (IAB) nicht mehr obligatorisch (und dieser endet bei 200.000 EUR), einzelne Wirtschaftsgüter einzeln zu benennen. Voraussetzung ist eine Steuererklärung per Datenübertragung.
  5. So gesehen, bezahlt eine EWIV also – bei korrekter Buchhaltung – weder Körperschafts- noch Gewerbesteuer. Voraussetzung hierfür ist aber, wie erwähnt, dass der Jahresabschluss der EWIV „null auf null“ ausgeht. Wo im Übrigen EWIV Gewinne ausweisen (manchmal geschieht dies, weil unwissende Steuerberater oder Buchhaltungsbüros dies so ausweisen, zum Teil auch aufgrund veralteter IT-Programme), müssen sie diese versteuern. Gleichzeitig machen sie sich auch automatisch zum IHK-Mitglied (mit allen Beiträgen) und bei der Kommune gewerberegisterpflichtg, wovon sie ansonsten befreit bleiben.
  6. Ansonsten bleibt eine EWIV natürlich steuerpflichtig bei allen anderen Steuern, z. B. Lohnsteuer, Kfz-Steuer, Grundsteuer, Grunderwerbssteuer, aber auch Umsatzsteuer. Sie ist in diesem Zusammenhang als ganz normales Unternehmen anzusehen.
  7. Wir machen sicherlich auch in 2017 einen oder mehrere Workshops zu diesem Thema und werden hierauf hinweisen. Wir werden auch in den nächsten Tagen ein Blog nur für EWIV-Fragen eröffnen, wo in qualifizierter Weise auf Fragen eingegangen wird – und nicht, wie seltsame Unternehmensberater implizieren, auf „Null-Steuern mit EWIV“ oder ähnlichen Unsinn.

Zwischenzeitlich stehen wir gerne zur Verfügung, falls es für präzise Fragen nötig sein sollte. Unsere E-Mail: ewiv@libertas-institut.com. Und wir können auf 25 Jahre Erfahrung und mehr als 330 gegründete EWIV zurückschauen.

Hans-Jürgen Zahorka, Assessor jur.

Leiter des Europäischen EWIV-Informationszentrum, http://www.ewiv.eu