SD ADMIN EWIV (8): Insolvenzantrag im Kommen

In einem Schreiben vom sog. Geschäftsführer dieser EWIV, Wolfgang Lange, vom Ostermontag, dem 19.4.2022, an die realen sowie vermeintlichen Mitglieder der EWIV, schreibt dieser: „Die Commerzbank als Hauptgläubiger ist bereit, das Insolvenzverfahren [der] SD ADMIN EWIV zu finanzieren. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet bedeutet es, dass alle Mitglieder und Probemitglieder, jeder einzelne (Die Mitgliedschaft ist vom Kammergericht Berlin geklärt – alle Mitglieder sind Mitglieder), eine Forderung vom Insolvenzverwalter in Höhe von ca. 7,1 Millionen € bekommen kann. Es ist unmöglich, dass sich das einzelne Mitglied entziehen wird.“

Dies ist so nicht ganz richtig: Hier ist nicht bekannt, dass sog. Probemitglieder im zitierten Urteil des KG Berlin inbegriffen sind; Probemitglieder, die nie im Register eingetragen wurden, sind definitiv keine Mitglieder einer EWIV. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass Probemitglieder, die sich nicht gegen eine Eintragung gewehrt haben (meist wussten sie nichts davon, was dem Geschäftsführer der EWIV anzulasten ist, der offenbar eine Mitteilung über die Mitgliedschaft ohne Nachweis oder Unterschrift des bisherigen Probemitglieds an den Notar gab, diese hatte es weiter gereicht ans Register, und dieses trug das dann ein – also eine mögliche Verkettung dreier Versagen, wobei das erste allerdings mit Vorsatz oder Eventualvorsatz begangen wurde), vom KG als Mitglieder bezeichnet wurden. Dem hier vorliegenden Urteilstext ist nicht zu entnehmen, dass beantragt worden war (was wir stets befürwortet haben), ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV einzuleiten, Ein letztinstanzliches Gericht muss einen solchen Antrag befolgen und kann ihn nicht ohne Weiteres wegwischen. Danach wäre der Fall zum EuGH in Luxemburg gegangen, der dann zu entscheiden hätte, ob z. B. eine EWIV Probemitglieder mit Mithaftung haben kann – was in der Literatur verneint wird, aber auch im gesunden Menschenverstand wie auch in den Dokumenten der SD ADMIN EWIV.

Ferner ist, siehe oben, die Rede von 7,1 Mill. €. Dieser Betrag schließt 2,4 Mill. € ein, die von der SD ADMIN EWIV ihrer eigenen „Tochterfirma“ company-update.eu GmbH geschuldet werden. Diesen Betrag muss man sofort bestreiten, zumal es vor allem gegen Schluss der operativen Tätigkeit der EWIV ein ständiges Herumgeschiebe von Forderungen etc. gab. Wenn man diesen Betrag abzieht, verbleiben also noch 4,7 Mill. € – und wahrscheinlich gibt es noch andere Posten, die angreifbar sind, in einer von Herrn Lange angefertigten, in jedem Fall aber zu vertretenden Gläubigertabelle, die uns ebenfalls vorliegt.

Außerdem hat Herr Lange die Adressen der Mitglieder aus einem veralteten Datenpool genommen, weil einige der Adressaten entweder als bisheriger Verein nicht mehr existieren, weil sie liquidiert wurden, oder weil sie nicht einmal Probemitglieder wurden, was sogar schriftlich bestätigt wurde, oder weil sie z. B. wie die company-update.eu GmbH längst aus dem Register als insolvent gelöscht wurden oder als MTÜ European Institute Tallinn/Estland dort von Amts wegen gelöscht wurden, nachdem sie – Geschäftsführer war Herr Lange – keine der vorgeschriebenen Berichte bei den estnischen Behörden eingereicht hatte. Nach einem Ausdruck des Berliner Handelsregisters A vom 19. April 2022, mit letzter Änderung vom 6.4.2022, sind zumindest diese beiden Mitglieder, obwohl offiziell verschwunden, noch als solche gezählt. Überhaupt liest sich die HRA-Liste in etlichen Positionen als ziemlich wacklig, was aber dann Sorge der Commerzbank-Juristen bzw. eines einzusetzenden Insolvenzverwalters sein sollte.

Herr Lange sät durchaus Panik, wenn er mehrfach mit dem Hinweis auf die gesamtschuldnerische und unbeschränkte Haftung von Mitgliedern einer EWIV, zu ZOOM-Meetings einlädt. So schreibt er in einer zweiten e-Mail vom 21.4.2022: „Der Insolvenzverwalter wird bei jedem Mitglied die 7,1 Millionen plus Kosten SICHERSTELLEN und das sofort.“ Von keinem Insolvenzverwalter kann man sagen, dass dieser mit Bestimmtheit einen Millionenbetrag „sofort“ sicherstellen wird; das klingt sehr nach Panikmache und möglicherweise nach dem Wunsch, möglichst vielen EWIV-(Ex-)Mitgliedern Schwierigkeiten zu machen. Man erinnert sich, dass bei Wirtschaftsstraftätern oder Personen, die ihrer wirtschaftlichen Führungsaufgabe nicht folgen konnten, manchmal deren Bestreben nach „verbrannter Erde“ zutage tritt – „wenn ich untergehe, will ich, dass möglichst viele andere mitgehen…“. Oder man fragt sich, ob er Druck in Richtung seiner möglichen, nachstehenden Intentionen eines Fortführungs- und Businessplan aufbauen will?

Im Übrigen hat er diese zweite e-Mail am 21.4.2022 von seinem Account bei einer anderen, von ihm geführten EWIV abgesandt, der SD Sozial EWIV, die vor kurzem noch in gekündigten Räumen in Holle bei Hildesheim saß und deren beide im Register eingetragenen Mitglieder vor einigen Jahren in deren jeweiligen Handelsregistern gelöscht wurden. Diese EWIV wurde also offenbar über Jahre betrieben, obwohl sie nicht mehr bestand (Dies geht in eine Reihe mit Bemühungen Langes, ahnungslosen Geschäftsleuten eine EWIV zu „verkaufen“, und zwar für stolze Beträge, wenn man bedenkt, was man dafür bekommt; dies wurde von der Adresse eines Büroservice in Berlin vorgenommen, obwohl die nicht mehr existierende EWIV ihren noch gültigen Sitz in Holle hat. Die Mitglieder laut der Berliner Website der SD Sozial EWIV waren allesamt nicht im Handelsregister eingetragen, siehe unser Blog vom 8.2.2022 zum Thema „SD Sozial EWIV (1) / SD ADMIN EWIV (7): Eine „nicht zutreffende“ EWIV – fertig zur Amtslöschung?“. Auch unter diesen Aspekten sollte man die beiden letzten Sätze des nachstehenden Abschnitts lesen.

Immerhin informiert er pflichtgemäß wie folgt: „Bis zum 02.05.2022 muss ich als Geschäftsführer der SD ADMIN EWIV meinen Insolvenzantrag mit Eigenverwaltung, den ich vor der Commerzbank gestellt habe, zurückziehen oder innerhalb von 6-8 Wochen einen Fortführungs- und Businessplan für die SD ADMIN EWIV dem Amtsgericht Charlottenburg vorlegen. Wir alle leben heute in einer besonderen Zeit und die Herausforderungen sind größer als je zuvor. Durch die Probleme bei der SD ADMIN sind viele Dinge juristisch und steuerlich geklärt, sodass es jetzt einfach ist eine EWIV zu führen und zukünftige Herausforderungen zu lösen.“

Sein Insolvenzantrag mit Eigenverwaltung geht wohl davon aus, dass er als Geschäftsführer bestätigt wird. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass er einstimmig von über 80 anwesenden oder vertretenen Mitgliedern als Geschäftsführer in einer Mitgliederversammlung in einem Hildesheimer Sportheim, die er bis zuletzt auch durch Eingaben beim Wirt dieses Lokals zu verhindern versuchte, abgesetzt wurde. Die Alternative zur Rücknahme seines eigenen Insolvenzantrags wäre, dass er einen Fortführungs- und Businessplan vorlegt. Dieser dürfte jedoch schon daran scheitern, dass niemand mehr, der etwas auf seine wirtschaftliche Tätigkeit hält, mit dieser EWIV noch Geschäfte tätigen will, und dass zahlreiche Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen erhebliche Verluste durch die „Betreuung“ dieser Firma erleiden musste, die entweder in der Insolvenz oder knapp daran vorbei endeten. Die Commerzbank hat also keinerlei Wahl als einen Insolvenzantrag vorzunehmen.

So weit hätte es niemals kommen müssen und dürfen: Ob Herr Lange, der sich in einem Verfahren vor dem LG Berlin gegen seinen „Rausschmiss“ wehrte, irgendetwas getan hat oder nicht, um mit den Banken klar zu kommen, ist nicht bekannt. Als Geschäftsführer, der er blieb, weil kein Mitglied beantragt hatte, einen gerichtlich bestellten (Not-)Geschäftsführer einzusetzen, hätte er die Pflicht gehabt, etwas zu tun. Dass die Banken keinen Appetit hatten, mit ihm zu verhandeln, erklärt sich aus der Geschichte der Beziehungen EWIV / Banken. Dies spricht für einen gerichtlich bestellten Geschäftsführer, der die Sache professionell angehen hätte müssen. Aber sofort nach der Abwahl von Herrn Lange wurden zwei Liquidatoren gewählt: Joachim Winkler (Zorneding bei München) und Dirk Jäschke (Hildesheim). Obwohl ihnen mehrfach schriftlich und mündlich geraten wurde, ihre Position als Liquidatoren klären zu lassen und ggfs. von diesen Funktionen zugunsten eines gerichtlich bestellten Liquidators zurückzutreten, geschah nichts. Ein jetzt von Lange angeführter Fortführungs- und Businessplan war von den beiden gewählten Liquidatoren vorgelegt worden – getan hat sich allerdings nichts. Im Gegenteil. Obwohl den beiden ohne Kosten eine EWIV (Phoenix Life EWIV) erstellt wurde, die als Auffangbecken für bisherige Mitglieder der SD ADMIN EWIV dienen sollte, die dann einen Teil ihrer Vergütungen an die Banken hätten koordiniert weitergegeben hätten, hat diese neue Winkler-Jäschke-EWIV null-komma-null in dieser Richtung getan. Statt dessen wurde mit dieser EWIV „Geldsammeln“ praktiziert, ohne Einbeziehung der internationalen Mitglieder der Phoenix Life EWIV, wo sogar noch bis vor kurzem zumindest ein britisches Mitglied im Register stand, das spätestes ab 1.1.2021 wegen Brexit hätte ausgetragen werden müssen, und wo eine bei einer Anwaltskanzlei in Kopenhagen domizilierte Firma von Joachim Winkler die Nachfolge, möglicherweise als passiver Partner, angetreten hatte. Es ist Sache der Finanzbehörden, diesen Strukturen später auf den Grund zu gehen. Was aber viel schwerer wiegt, sind Straf- und Zivilverfahren gegen die Herren Winkler und Jäschke, wonach mehrere Hunderttausende von Euro (!) regelwidrig verwendet sein sollen, weshalb die Staatsanwaltschaft sämtliche Konten gesperrt hatte. Bislang sind hier drei Fälle bekannt, in unterschiedlicher Höhe, wobei diese EWIV offenbar Fremdgelder anderweitig verbraten hat, da sie, obwohl die Betreffenden in der Korrespondenz stets so bezeichnet wurden, keinerlei Mitglieder zuließ. Nachdem hierzu u. a. Aktenauszüge und eidesstattliche Versicherungen vorliegen, werden wir uns zu gegebener Zeit in einem Blog-Beitrag dazu äußern.

Zurück zur Problematik SD ADMIN: Es wäre auch als gewählte Liquidatoren eine Rechtspflicht gewesen, sich um die SD ADMIN-Residuen zu kümmern, nämlich um die Mitglieder, sowie um Kontakte zu den Hauptgläubigern. Hier hätten Formeln geholfen, die laufende Geschäftsbeziehungen, eine langsame, aber sichere Rückzahlung der anteilsmäßigen Bankverpflichtungen und eine ständige Koordination beinhalten. Warum dies nicht getan wurde, obwohl dies schriftlich den Banken mitgeteilt wurde und obwohl ständige Beratung damals möglich gewesen wäre, bleibt der Ignoranz, um es milde auszudrücken, der beiden gewählten Liquidatoren vorbehalten. Inwieweit sie sich auch zivilrechtlich und strafrechtlich verantwortlich gemacht haben, dies mag Sache der in Haftung genommenen Mitglieder der SD ADMIN EWIV sein.

Zunächst sollte aber jedes vermeintlich mithaftende Mitglied der SD ADMIN EWIV prüfen, ob es wirklich dazu verpflichtet ist, aufgrund der gesamtschuldnerischen und unbeschränkten Haftung für die Verpflichtungen der EWIV als EWIV-Mitglied einzutreten. Zwischenzeitlich bleibt zu hoffen, dass ein zu bestellender Insolvenzverwalter möglichst wenig Fehler macht.

SD ADMIN EWIV (6): Urteil des LG Berlin – Geschäftsführer-Wahl 2016 fehlerhaft

In einem zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil vom 14. April 2021, Aktenzeichen 105 O 64/19, stellt die Kammer für Handelssachen 105 des Landgerichts Berlin fest, dass der Beschluss der Mitgliederversammlung der SD ADMIN EWIV mit Rechtssitz Berlin vom 30.7.2016 mit dem Inhalt „Die Mitgliederversammlung bestätigt einstimmig Herrn Wolfgang Lange als Geschäftsführer …“ nichtig ist. Welche Konsequenzen., auch evtl. schadensersatzrechtlicher Natur, dies haben kann, wird erst die Zukunft erweisen. Denn die Klägerseite hätte neben dem o.g. Antragsinhalt auch die danach erfolgten Beschlüsse als nichtig zu erklären beantragen können. Hierfür wäre aber noch eine detaillierte rechtliche Bearbeitung erforderlich. Allerdings ist dieses Urteil sehr vielsagend.

Kläger waren zunächst fünf Vereine als EWIV-Mitglieder. von denen drei die Klage im Laufe des Verfahrens zurücknahmen, wohl weil sie aufgelöst wurden und ihnen somit die Aktivlegitimation, also das Recht im Verfahren Anträge zu stellen, verloren ging. Zwei der Vereine blieben jedoch als Kläger Parteien des Verfahrens. Zunächst erging gegen Lange als [einzigen] Beklagten ein Versäumnisurteil, gegen das er Einspruch einlegte und das daher streitig verhandelt werden musste.

Die Kläger hatten – dies ist dem Tatbestand im Urteil zu entnehmen – vorgebracht, das nötige Anwesenheitsquorum für eine zweite Mitgliederversammlung, wenn die erste nicht beschlussfähig war, eine Stunde später sei nicht mehr 2/3, sondern dann die effektiv Anwesenden. Im März 2019 erfuhren die Kläger, dass ausweislich des Protokolls nicht 2/3 anwesend waren, aber auch dass nicht alle Mitglieder eingeladen wurden.

Der Beklagte argumentierte, die beiden [restlichen] Kläger seien vor Einreichung der Klage durch die EWIV und ihren Geschäftsführer gekündigt worden. Außerdem sei der Beklagte auf einer späteren Mitgliederversammlung bestätigt worden [diese fand allerdings erst nach einer solchen statt, in der er einstimmig seines Amtes enthoben wurde, was er separat anfocht].

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die zitierte Kündigung nicht gültig sei, weil die Voraussetzungen hierfür fehlten. Insbesondere seien keine Schäden für die EWIV durch die Kläger entstanden, außerdem wurden sie nicht vorher angehört [dies war bei wohl allen Kündigungen durch den Beklagten Lange der Fall – siehe unser einschlägiger Blog-Eintrag]. Dies wurde vom Beklagten auch gar nicht im Verfahren behauptet.

Ferner führt das Gericht aus, dass wenn der EWIV-Gründungsvertrag eine Einladung zur Mitgliederversammlung durch den Geschäftsführer vorsieht, die Durchführung ohne eine solche Einladung zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führe. Für die EWIV gelte mangels Regelung in der EWIV-Verordnung der EU bezüglich Beschlussmängeln nach deutschem Recht ergänzend das Recht der oHG, gemäß § 1 EWIV-Ausführungsgesetz. Für die oHG gelten die §§ 241 ff. AktG nicht, somit auch nicht für die EWIV. Daraus folge aber, dass grundsätzlich jeder Fehler zur Nichtigkeit des gefassten Beschlusses führt.[siehe Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.7.2020. Az. 22 W 46/19]. Eine Ausnahme gelte lediglich im Bezug auf Verfahrensfehler, wenn eine Auswirkung auf die Abstimmung ausgeschlossen werden kann.

Der Beklagte bringe lediglich vor, alle Mitglieder hätten ein Einladungsschreiben nebst Ankündigung der Folgeversammlung erhalten. Da die Kläger nicht mehr vortragen könnten, als dass sie – und andere – eine solche Einladung nicht erhalten haben, hätte es dem Beklagten oblegen, positiv Tatsachen vorzutragen und zu belegen, au denen sich Gegenteiliges schließen lassen könnte. Hieran fehle es. Abschließend das Landgericht, dass das vermeintliche Einladungsschreiben – entgegen der Ankündigung des Beklagten – nicht einmal vorgelegt worden sei, worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden war. Es folgt der Urteilstenor in Sachen Kosten des Verfahrens; sie wurden insgesamt dem Beklagten auferlegt. [Wenn man das Urteil zur Kenntnis nimmt, schleicht sich der Eindruck ein, die Beklagtenseite habe das Verfahren mit einer gewissen Halbherzigkeit geführt, was sich aus mehreren Formulierungen des Gerichts erkennen lässt.]